Mein Freund Leo Linder attestiert mir Unbelehrbarkeit: "Seit ich Michael Schellberg kenne, geht er stur davon aus, dass wir nicht allein auf der Welt sind. Mir ist dieser Ausgangspunkt sympathisch, weil ich finde, dass er das Leben erleichtert. Man kann ja nicht völlig ausschließen, dass Schellberg recht hat, und wenn da draußen tatsächlich noch andere sind, ist Vorsicht geboten. Besser, wir machen sie uns nicht zu Feinden – wer weiß, wozu sie fähig sind. Besser, wir lassen den Colt erst mal stecken – womöglich wollen sie nur mitspielen, mitmachen, mittrinken, mitlachen. Und wer weiß, ob wir das am Ende gar nicht so schlecht finden. Wenn man sich dann aber doch in die Quere kommen, wenn man sich doch in die Wolle kriegen sollte – ist ja nicht auszuschließen, sind eben doch andere –, sind wir jedenfalls nicht schuld.
Und was – mischt sich Schellberg nun wieder ein – was, wenn keiner schuld wäre? Weder die anderen noch wir? Was, wenn wir deshalb und aus genau diesem Grund eines Tages ganz aufhören würden, nach einem Schuldigen zu suchen? Was, wenn wir stattdessen das ganze Leben als ein großes Experiment verstehen würden, wo immer mal was schiefgehen, sogar richtig knallen kann? Dann (so befürchte ich, würde dieser unbelehrbare Schellberg jetzt sagen) lernen wir eben draus. Machen es das nächste Mal anders. Versuchen auf jeden Fall nicht, mit dem Kopf durch die Wand zu gehen, und sparen uns vor allen Dingen den Spruch: Ich hab’ schon alles versucht.
Es hat nämlich noch keiner jemals alles versucht. Die Möglichkeiten, ewige Feindschaft im letzten Moment noch abzuwenden, sind viel zu zahlreich, und im Übrigen: Die anderen da draußen sind auch nur Menschen."